Was unterscheidet Produkt-Marketing in der Kommunikation?

Wo Märkte Marken machen

Was unterscheidet Produkt-Marketing in der Kommunikation?

Produktmarken sind die personifizierte Antwort auf einen konkreten, bestehenden Marktbedarf. Und allein dadurch unterscheiden sie sich in ihrem Wesen schon einmal sehr deutlich von klassischen Corporate-Marken. Auf die Spitze getrieben, verschmilzt die Marke dabei sogar unmittelbar und nahezu untrennbar mit ihrem grundlegenden Nutzen oder Anwendungszweck. Sie wird zu einem eigenständigen Gattungsbegriff.

Tesafilm und Tempo Taschentücher dürften hierzulande dafür wohl die prominentesten Beispiele sein, während es der weltweit bekannteste Suchmaschinen Anbieter mit dem Begriff „googeln“ sogar zu einem eigenen Verb und einem Eintrag in den Duden gebracht hat.

Abhängig vom Markt und Einsatzbereich sind die Produktmarken eines Unternehmens infolge dessen mitunter sogar bekannter als das Unternehmen selbst. So mag die börsennotierte Beiersdorf AG dem einen oder anderen Investor vielleicht ein Begriff sein, deren Produkte Tesa und Nivea hingegen kennt beinahe jedes Kind. Ganz ähnlich verhält es sich mit den in der Öffentlichkeit kaum bekannten Multikonzernen Procter & Gamble und Unilever, deren weltweit vermarktete Produkte allabendlich tausendfach über die Fernsehbildschirme flimmern und deren Werbebotschaften von jedermann im Schlaf rezitiert werden können.

Doch was bedeutet das jetzt konkret für die Arbeit einer Agentur oder das Aufgabenfeld eines Marketingleiters? Welche Unterschiede in der Betrachtung einer Produktmarke gilt es für diese hier zu beachten?

Da wäre zunächst einmal die Frage nach der grundsätzlichen Ausrichtung und der damit verbundenen Halbwertzeit. Beschäftigen wir uns mit einem Corporate Brand, stellen wir uns das Unternehmen als eine Person vor, die über einen langen Zeitraum mit anderen Personen interagiert. Erscheinungsbild und Verhalten tragen in diesem Rahmen dazu bei, welchen Eindruck diese anderen Personen von mir gewinnen und wie sehr sie mir gewogen sind. Soziale und psychologische Aspekte wie Sympathie, Vertrauen und Beständigkeit erfahren in diesem Zusammenhang nicht selten eine ganz besondere Bedeutung. Bereits hieraus lässt sich erahnen, dass die mit einer Corporate Marke einhergehenden Werte auf Dauer angelegt und mit großer Vorsicht zu pflegen und zu hegen sind. Das gilt für das äußere Erscheinungsbild ebenso wie für die Kommunikation. Massive Änderungen auf dieser Ebene werden bei gut eingeführten und etablierten Marken von der Öffentlichkeit oft mit großem Erschrecken als gewaltige Eruption wahrgenommen.

Ganz anders verhält es sich bei Produktmarken. Produktmarken zielen auf einen klaren Nutzen und die zeitnahe Lösung einer Anforderung, eines Problems oder die Befriedigung eines Impulses. Ihre maximale Wirkung müssen Produktmarken entsprechend punktgenau im richtigen Augenblick vor dem potenziellen Kunden entfalten können. Und abhängig von der Situation und dem Produkt, gibt es für sie unter Umständen gar keine zweite Chance erfolgreich zu sein.

Dementsprechend geht es bei einer Produktmarke zunächst nicht so sehr um langfristige, „vertrauensbildende“ Maßnahmen als vielmehr um eine klare Nutzenargumentation mit schneller Wirkungsentfaltung. Beispiel: Du verspürst gerade ein wenig Hunger? Wir haben einen Schokoriegel, der Dich satt macht! 

Die Langlebigkeit von Produktmarken ergibt sich dabei weniger aus einer sensiblen Markenführung der Markenwächter als vielmehr vor dem Hintergrund sich permanent wiederholender positiver Nutzererfahrungen der Zielgruppe. Der genaue Blick auf die potenzielle Nutzerschaft in Verbindung mit einem kritischen Hinterfragen der eigenen Markenbotschaften entwickelt sich damit auch zur zentralen Aufgabe in der Markenführung. Und was nicht passt, wird kurzerhand und konsequent umgestellt. Ein Raider kann da auch schon einmal zu einem Twix werden, um später dann mit einer Rolle rückwärts zurück zum Ausgangspunkt zu gelangen. Am Ende genügt es den Werbetreibenden vollkommen, wenn dem Markt nur klar ist, dass es sich bei dem Produkt um einen begehrenswerten Schokoladenriegel handelt und die Absatzzahlen dieses auch hinreichend widerspiegeln. 

Doch auch mit der kontinuierlichen Anpassung der Produktmarke ist es beim Thema Product Branding noch nicht getan. Ein galaktischer Ozean wild miteinander konkurrierender Werbe- und Produktbotschaften macht es für die Marken zudem unerlässlich, mit wirksamen Reizpunkten immer wieder neue Impulse in der Wahrnehmung der eigenen Marke zu setzen. Das mögen Anpassungen am Produkt selbst sein, die dann in Form „verbesserter Rezepturen“ das Licht der Werbewelt erblicken, wie auch die Schaffung von Produktvarianten, mit denen neue Zielgruppen erschlossen werden sollen. Stellvertretend dafür denke man nur an die beträchtlichen Sortimentserweiterungen führender Brauereien in der zurückliegenden Dekade. Selbst das bewusste, temporäre Teilen der so genannten Product Awareness – sprich: Aufmerksamkeit – mit der Marke eines Vertriebspartners, kann einen für die Produktmarke erfolgreich wählbaren Gang darstellen. So hat der Springer-Verlag bereits vor vielen Jahren mit dem „Volks.Produkt“ ein erfolgreiches Vertriebsformat vor allem für Consumer-Elektronik Produkte entwickelt, dass mit unterschiedlichen Produkten regelmäßig „befeuert“ wird und Artikel mit einem hervorragenden Preis-Leistungsverhältnis verspricht. Und selbst ein Markengigant wie Apple greift bei seiner für ambitionierte Freizeitsportler konzipierten iWatch auf ein solches Modell und eine Partnerschaft mit dem Sportartikelriesen Nike zurück.

Zusammenfassend lässt sich festhalten: Während ein Corporate Brand sein Dasein weitgehend losgelöst vom Zeitgeschehen und aktuellen Erfordernissen fristen kann, muss sich der Product Brand mit allen allgemeinen Erfordernissen des Produktmarketings sowie aktuellen Vertriebstrends auseinandersetzen. Er muss sich stets auf der Höhe seiner Zeit befinden, möglichen Vorbehalten der Nutzerschaft offen begegnen und flexibel auf sich verändernde Bedingungen angepasst werden können. Und über den Erfolg des Brands befindet am Ende dann weder ein Marketinginstitut noch eine Preisjury. Über den Erfolg befindet allein der Kunde durch seinen Einkauf.